Überblick
Das Hormonsystem ist eine Art „Kommunikationssystem“ des menschlichen Körpers, welches die Zusammenarbeit von verschiedenen Organen regelt. Hormone sind dabei Botenstoffe in einer bestimmten biochemischen Zusammensetzung. Diese werden von sogenannten endokrinen Organen gebildet, also Drüsen, die die Hormone in das Innere des Körpers abgeben. Des Weiteren verfügt der Mensch über exokrine Drüsen, welche Sekrete nach außen abgeben, so wie beispielsweise die Schweißdrüsen. Das medizinische Fachgebiet, das sich mit dem Hormonsystem beschäftigt, ist die Endokrinologie.
Beteiligte Organe
• Hypothalamus und Hypophyse
• Schilddrüse und Nebenschilddrüse
• Bauchspeicheldrüse
• Nebennieren
• Eierstöcke bei der Frau bzw. Hoden beim Mann
Hypothalamus und Hypophyse sitzen im Schädel des Menschen und bilden die „Schaltzentrale“ für das Hormonsystem. Der Hypothalamus nimmt Informationen als Reize auf und leitet diese an die Hypophyse weiter, welche wiederum entsprechende Hormone an die jeweiligen Organe sendet. Die Schilddrüse befindet sich unterhalb des Kehlkopfes und produziert die Hormone Thyroxin und Triiodthyronin, womit der Energieumsatz des Organismus geregelt wird, die Nebenschilddrüse reguliert den Calcium-Haushalt. Die Bauchspeicheldrüse, genauer: die Langerhans-Inseln, sind für die Produktion von Insulin verantwortlich, welches zur Verarbeitung von Zucker und Kohlenhydraten benötigt wird. Die Nebennieren produzieren Hormone zur Regulation des Mineralstoff- und Wasserhaushaltes in der sogenannten Nebennierenrinde, während im Nebennierenmark Adrenalin und Noradrenalin hergestellt werden. Die Keimdrüsen, also die Eierstöcke bei der Frau und die Hoden beim Mann, stellen die Sexualhormone her.
Wichtige Hormone
Das menschliche Hormonsystem umfasst in etwa 30 verschiedene Hormone, die von Drüsen oder anderen Organen produziert werden und über den Blutkreislauf in den ganzen Körper gelangen. Damit sie nur dort wirken, wo sie tatsächlich gebraucht werden, verfügen die jeweiligen „Zielorgane“ spezifische Rezeptoren, an welche die Hormone andocken und Signale auslösen. Das Hormonsystem unterliegt einem empfindlichen Gleichgewicht, daher lässt sich nicht von „wichtigen“ und „weniger wichtigen“ Hormonen sprechen. Zu den bekanntesten Hormonen zählen unter anderem:
• Insulin: senkt den Blutzuckerspiegel und steuert den Kohlenhydratstoffwechsel
• Adrenalin und Noradrenalin: die sogenannten Stresshormone erhöhen Puls und Blutdruck, verlangsamen Darmtätigkeit, erweitern die Bronchien
• Oxytocin: das sogenannte „Kuschelhormon“ bewirkt sexuelle Erregung sowie emotionale Bindung
• Endorphine: wirken schmerzstillend und können ein starkes Glücksgefühl hervorrufen
• Erythropoetin: ist für die Regulation des Sauerstoffgehaltes im Blut verantwortlich
• FSH (Follikelstimulierendes Hormon): bewirkt die Reifung der Eizellen beziehungsweise die Produktion von Spermien
• Gestagene: werden besonders zur Verhütung, als Bestandteil der Anti-Baby-Pille, eingesetzt
• Glukagon: ist der Gegenspieler zu Insulin und lässt den Blutzuckerspiegel ansteigen
• Kortison: wirkt entzündungshemmend und immunsuppressiv, es kommt daher auch bei der Behandlung von Allergien zum Einsatz
• LH (luteinisierendes Hormon): bewirkt die Reifung der Eizelle beziehungsweise der Spermien
• Melatonin: das „Schlafhormon“ regelt die biologische Uhr des Menschen und sorgt so für einen Tag-Nacht-Rhythmus
• Serotonin: ist besonders durch seine Wirkung auf die Stimmungslage und Schmerzwahrnehmung bekannt
• Prolaktin: fördert die Milchproduktion sowie das Wachstum der Brustdrüsen
• Renin: reguliert Blutdruck sowie den Natrium- und Kalziumspiegel im Blut
• Wachstumshormon: kontrolliert Längenwachstum und fördert das Wachstum der Organe
• Triiodthyronin (T3): erhöht den Energieumsatz, wirkt aktivierend
• Thyroxin (T4): wirkt ähnlich wie T3, jedoch wesentlich schwächer
Geschlechtshormone
Die Geschlechtshormone werden ebenfalls in endokrinen Organen, den Keimdrüsen, gebildet. Bei der Frau sind das die Eierstöcke, die die Hormone Östrogen und Progesteron herstellen, beim Mann produzieren die Hoden Testosteron und Androsteron. Diese Hormone sind unter anderem für die Ausbildung der primären und sekundären Geschlechtsorgane sowie für die Fortpflanzung verantwortlich.
• Östrogen
o bewirkt den Eisprung
o bereitet den Körper auf eine Schwangerschaft vor
o maßgeblich beteiligt an der Produktion von Vitamin D
o zentraler Bestandteil der Anti-Baby-Pille zur Verhütung
• Progesteron
o bereitet die Gebärmutter auf die Nidation, die Einnistung des befruchteten Eis, vor
o bewirkt eine Verdichtung der Brustdrüsen und ist somit maßgeblich für die Milchbildung
• HCG (Humanes Choriongonadotropin), das Schwangerschaftshormon
o wird nur während einer Schwangerschaft gebildet
o sorgt dafür, dass kein Eisprung mehr stattfindet
o ist nach ca. 9 Tagen im Blut nachweisbar und dient als Grundlage für Schwangerschaftstests
o die Übelkeit in der Frühschwangerschaft ist vermutlich auf den hohen HCG-Spiegel zurückzuführen, welcher bis zur 10. Woche ansteigt und danach wieder abfällt
• Testosteron
o wird hauptsächlich in den Hoden, zu kleinen Teilen auch in der Nebennierenrinde, gebildet
o kommt auch bei der Frau vor, allerdings in einer sehr viel geringeren Menge
o verantwortlich für die Bildung der männlichen Geschlechtsorgane (Hoden, Hodensack und Prostata) sowie ab der Pubertät für die Spermienproduktion, einen männlichen Körperbau sowie den Stimmbruch
o maßgeblich für den Aufbau von Muskelmasse, daher enthalten Dopingmittel oft Testosteron
Hormonelle Störungen
Hormonelle Störungen treten dann auf, wenn das Gleichgewicht der Botenstoffe nicht mehr gegeben ist. Der Körper produziert dann von bestimmten Hormonen eine zu geringe oder eine zu hohe Menge, was sich in verschiedenen Krankheitsbildern äußert.
Ursachen von hormonellen Störungen
• Vitamin-D-Mangel: Vitamin D ist mitverantwortlich für eine funktionierende Signalübertragung im Nervensystem
• Stress: die Nebennierenrinde produziert vermehrt Stresshormone und wird dadurch überlastet
• (Umwelt-) Gifte
• Medikamente, vor allem die Anti-Baby-Pille, wirken auf den Hormonhaushalt und können diesen aus dem Gleichgewicht bringen
• Hormonaktive Substanzen wie Pestizide, Weichmacher, Schwermetalle wirken sich ebenfalls auf das Hormonsystem aus, indem die Bildung oder der Abbau von Hormonen verzögert oder beschleunigt wird
Typische Erkrankungen
• Diabetes mellitus: Die Stoffwechselkrankheit wird im Volksmund auch Zuckerkrankheit genannt. Dabei können Kohlenhydrate und Zucker nicht mehr richtig verarbeitet werden und werden dann im Urin ausgeschieden. Ursache dafür ist meist ein Mangel an Insulin, das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird. Generell unterscheidet man zwischen Typ I, bei dem die Beta-Zellen der Langerhans-Inseln kein Insulin mehr produzieren, was zu einem absoluten Insulinmangel führt. Der Typ II, auch Altersdiabetes genannt, ist bedingt durch einen relativen Insulinmangel, häufig begünstigt durch Übergewicht. Die Betroffenen müssen ihrem Körper von außen Insulin zuführen, in Tablettenform oder durch Spritzen. Zudem ist eine bestimmte Diät notwendig.
• Schilddrüsenüberfunktion: In diesem Fall produziert die Schilddrüse zu viel von den Hormonen Thyroxin und Triiodthyronin. Oft ist sie dabei mehr oder weniger stark vergrößert und lässt sich ertasten. Prominente Symptome einer Überfunktion sind
o ein beschleunigter Puls
o Schlafstörungen
o Gewichtsverlust
o übermäßiges Schwitzen
o Wärmeempfindlichkeit
o Durchfall
o Haarausfall
o brüchige Nägel
• Schilddrüsenunterfunktion: Die Schilddrüse produziert zu wenig der beiden Hormone Thyroxin und Triiodthyronin. Mögliche Symptome sind
o Kälteempfindlichkeit
o Müdigkeit
o Antriebslosigkeit
o Depression
o Gewichtszunahme
o Verstopfung
o Haarausfall
o verlangsamter Herzschlag
• Osteoporose: Die im Volksmund „Knochenschwund“ genannte Krankheit tritt häufiger bei Frauen auf, Grund dafür ist ein Mangel an Östrogen nach den Wechseljahren. Östrogen wird für die Produktion von Vitamin D benötigt, welches wiederum wichtig für die Knochendichte ist.
• Akromegalie: Durch eine Überproduktion des Wachstumshormons kommt es zu einem überdurchschnittlichen Längenwachstum beziehungsweise einem überdurchschnittlichen Wachstum von Händen, Füßen, Nase und Kinn. Akromegalie ist eine äußerst seltene Erkrankung, die oft durch einen gutartigen Tumor verursacht wird.
• Zyklusstörungen: Zyklusstörungen resultieren meist aus einem Ungleichgewicht der weiblichen Geschlechtshormone. Oft treten diese nach der Einnahme künstlicher Hormone, wie zum Beispiel der Anti-Baby-Pille, auf, jedoch kann auch Stress zu Menstruationsstörungen führen.
• Haarausfall: In erster Linie sind Männer ab dem mittleren Lebensalter betroffen. Hormonelle Störungen, wie zum Beispiel ein Östrogenmangel, können auch bei Frauen Haarausfall hervorrufen. Häufig tritt dieser in den Wechseljahren auf.
Empfindliches Gleichgewicht
Hormone sind im Körper in einer sehr geringen Dosis vorhanden. Werden zusätzlich von außen künstliche Hormone zugeführt, zum Beispiel zur Empfängnisverhütung oder im Rahmen einer Therapie von Schilddrüsenerkrankungen, verursachen die Präparate oft auch Nebenwirkungen, da Hormone auf den ganzen Organismus wirken. Gleichzeitig lassen sich durch die Gabe von Hormonen mittlerweile viele Krankheiten therapieren, so dass letztendlich ein Arzt den Nutzen gegen mögliche unerwünschte Wirkungen abwägen muss.