Wissenswertes über den menschlichen Körper

Das menschliche Gehirn

Gehirn

Das Gehirn ist das Hauptorgan des menschlichen zentralen Nervensystems. Es umfasst ca. 100 Milliarden Neuronen und ist das komplexeste aller menschlichen Organe. Summiert man die Länge aller Nervenbahnen im menschlichen Gehirn, ergibt dies eine Länge von 5,8 Millionen Kilometern, was dem 145-fachen Erdumfang entspricht. Das Gehirn eines erwachsenen Menschen wiegt zwischen 1,2 kg und 1,4 kg, was etwa 2 % des gesamten Körpergewichts ausmacht. Dabei verbraucht es jedoch etwa 20 % der vom Körper benötigten Energie. Es umfasst ein Volumen von ca. 1.260 Kubikzentimetern bei Männern und 1.130 Kubikzentimetern bei Frauen. Diese Werte variieren stark zwischen Individuen.

Das Gehirn übernimmt verschiedene Funktionen im menschlichen Körper. Hier werden alle bewussten und unbewussten Sinneswahrnehmungen verarbeitet, mit Ausnahme einiger weniger Reflexe, die über das Rückenmark kontrolliert werden. Außerdem steuert das Gehirn unbewusste Körperfunktionen wie zum Beispiel die Ausschüttung von Hormonen, die Atmung, die Verdauung oder den Herzschlag. Darüber hinaus kontrolliert das Gehirn alle bewussten Handlungen und Verhaltensweisen und ist der Sitz des menschlichen Bewusstseins und aller Gedanken, Emotionen und geistigen Fähigkeiten.

Der Aufbau des menschlichen Gehirns

Großhirn:

Das Großhirn (Telencephalon) ist mit ca. 80 % der Hirnmasse der größte und am weitesten entwickelte Teil des Gehirns. Es besteht aus zwei Hemisphären, die über den Corpus callosum, eine Art Balken, miteinander verbunden sind. Näherungsweise sind die beiden Hemisphären spiegelsymmetrisch aufgebaut. Jede Hälfte lässt sich wiederum in Unterbereiche einteilen. Im vorderen Bereich liegt der Frontallappen, im hinteren oberen Teil der Parietallappen, an den Schläfen der Temporallappen und im hinteren Bereich des Schädels der Okzipitallappen.

Großhirnrinde:

Die Großhirnrinde, Cortex genannt, hat eine Dicke von ca. 2 bis 4 mm und weist eine faltige Struktur auf. Hier befindet sich etwa ein Fünftel aller Nervenzellen. Die Großhirnrinde lässt sich in verschiedene Abschnitte unterteilen, denen jeweils bestimmte Funktionen zugeordnet werden können. In den sensorischen Feldern etwa verarbeitet das Gehirn Sinneswahrnehmungen. Die motorischen Felder sind zuständig für Bewegungen. In den Gedanken- und Antriebsfeldern werden Gedanken gefasst und Erinnerungen gespeichert. Die für die Motorik und Sinneseindrücke der Beine zuständigen Bereiche liegen im oberen Teil der Hirnrinde, diejenigen der Arme liegen im mittleren Teil, Zungen- und Gesichtsmuskulatur im unteren Drittel der Hirnrinde. Proportional zur Komplexität ihrer Aufgaben nehmen beispielsweise die Areale der Hände, des Gesichts und des Schlunds relativ viel Platz ein.

Zwischenhirn:

Das Zwischenhirn (Diencephalon) liegt zwischen dem Großhirn und dem Stammhirn. Es lässt sich in vier weitere Bereiche unterteilen, nämlich den Thalamus, den Hypothalamus, den Subthalamus, den Metathalamus und den Epithalamus. Die Aufgabe des Thalamus ist es, Informationen über Sinneswahrnehmungen und motorische Signale zu empfangen, zu filtern und an das Großhirn weiterzuleiten. Daher wird er oft als das „Tor zum Bewusstsein“ bezeichnet. Der Hypothalamus stellt gemeinsam mit der direkt daneben gelegenen Hypophyse das Bindeglied zwischen dem zentralen Nervensystem und dem Hormonsystem dar. Er steuert unter anderem den Schlaf-Wach-Rhythmus, Hunger und Durst, die Schweißsekretion sowie den Sexualtrieb. Außerdem ist er verantwortlich für Temperatur- und Schmerzempfinden.

Kleinhirn:

Das Kleinhirn (Cerebellum) liegt in der hinteren Schädelgrube unterhalb des Okzipitallappens des Großhirns. Es ist wie das Großhirn ebenfalls in zwei symmetrische Hälften unterteilt. Das Kleinhirn stellt die Kontrollinstanz für Bewegungen und deren Koordination dar. Die Positionen aller Körperteile werden hier wahrgenommen und gesteuert. Auch der Gleichgewichtssinn ist hier lokalisiert.

Hirnstamm:

Der Hirnstamm ist entwicklungsgeschichtlich der älteste Teil des Gehirns. Zu ihm werden per Definition alle unter dem Zwischenhirn gelegenen Hirnabschnitte mit Ausnahme des Kleinhirns gezählt. Er setzt sich zusammen aus dem Mittelhirn (Mesencephalon), der Brücke (Pons) und dem verlängerten Rückenmark (Medulla oblongata).
Davon zu unterscheiden ist der Begriff des Stammhirns, dem neben dem Hirnstamm noch das Kleinhirn und Teile des Endhirns zugeordnet werden.
Die Kombination aus der Pons und der Medulla oblongata wird unter dem Oberbegriff des Nachhirns zusammengefasst. Hier werden wichtige Körperfunktionen wie etwa die Blutzirkulation, der Herzschlag oder die Lungenaktivität gesteuert. Auch Hust-, Schluck-, Lidschluss- und Niesreflex sind hier verankert.

Lokalisierung von Funktionen und Fähigkeiten

Den verschiedenen körperlichen Funktionen und intellektuellen Fähigkeiten des Gehirns lassen sich oftmals relativ genau definierte Areale zuordnen.
Die Hemisphären steuern jeweils eine Gehirnhälfte, wobei die Nervenbahnen überkreuz verlaufen. Das bedeutet, dass die linke Gehirnhälfte die rechte Körperhälfte steuert, und umgekehrt. Viele Funktionen sind symmetrisch in den beiden Hemisphären angeordnet. So besitzt beispielsweise das Gehirnareal, das die rechte Hand steuert und in der linken Gehirnhälfte liegt, sein spiegelsymmetrisch angeordnetes Gegenstück in der rechten Gehirnhälfte.
Es gibt jedoch wichtige Ausnahmen für diese Regel. So liegt das Sprachzentrum nur in einer der beiden Gehirnhälften. Bei den meisten Menschen ist die linke Hemisphäre die dominante, was Sprache betrifft. Dabei ist das Wernicke-Areal wichtig für das Verstehen von Sprache. Es hat seinen Platz im hinteren oberen Teil des linken Temporal- oder Schläfenlappens. Das Broca-Areal hingegen ist für das Formulieren und das Finden von Wörtern verantwortlich. Menschen mit geschädigtem Broca-Areal sind häufig noch in der Lage, Sprache zu verstehen, können aber selbst keine Sätze mehr bilden.
Das Hörzentrum liegt an der Innenseite des Schläfenlappens. Alle Geräusche, die auf das Ohr treffen, werden hier in bestimmten Bereichen unbewusst gefiltert und nach bekannten Lauten durchforstet. Andere Bereiche verarbeiten Geräusche, auf die sich der Mensch konzentriert, beispielsweise das Gesagte eines Gesprächspartners. Wiederum andere Areale sind für unbekannte Laute zuständig.

Das Sehzentrum, der visuelle Kortex, liegt im Hinterkopfbereich. Hier werden die von den Augen gesendeten optischen Signale verarbeitet und zu Bildern zusammengesetzt.

Das limbische System, das entscheidend für das Empfinden von Emotionen, aber auch Tätigkeiten wie Lernen zuständig ist, besteht aus mehreren Untereinheiten, die sich in der Mitte des Gehirns um den Hirnstamm herum befinden. Die Amygdala, ein mandelförmiger Teil des limbischen Systems, ist wichtig für die Verarbeitung von Gefühlen, besonders von Angst. Der Hippocampus, ebenfalls Teil des limbischen Systems, stellt die Schaltstelle zwischen Kurzeit- und Langzeitgedächtnis dar.

Neuronen

Neuronen sind Nervenzellen, die durch elektrische und chemische Signale angeregt werden können, die Signale verarbeiten und weiterleiten. Die Signalübertragung zwischen Neuronen geschieht über Synapsen. Neuronen formen neuronale Netzwerke und sind die grundlegende Zellstruktur, auf der das Gehirn und das Rückenmark basieren.

Aufbau: Ein Neuron besitzt einen Zellkörper, Dendrite und ein Axon. Der Zellkörper enthält den Zellkern und diverse Organellen. Dendrite sind vom Zellkörper ausgehende, stark verzweigte und weitreichende Strukturen. Das Axon entspringt dem an den Zellkörper anschließenden Axonhügel.
Ein Zellkörper kann über zahlreiche Dendrite, aber immer nur über ein Axon verfügen. Dennoch kann sich das Axon im weiteren Verlauf oft verzweigen und somit mit mehreren anderen Neuronen in Kontakt stehen.

Funktionsweise von Neuronen:

Die Signalübertragung zwischen Neuronen geschieht über Synapsen. Sie stellen die Schnittstellen dar, über die verschieden Neuronen miteinander kommunizieren Zunächst entsendet ein Neuron über sein Axon ein Aktionspotenzial. Damit dies geschieht, muss die elektrische Spannung über die Zellmembran im Axonhügel des Neurons einen charakteristischen Grenzwert überschreiten. Das Aktionspotenzial breitet sich nun durch das automatische Öffnen und Schließen von Kalzium- und Natriumkanälen entlang des Axons aus. Das Axon endet in einer Synapse, die es mit dem Dendrit eines anderen Neurons verbindet. Jedes der ca. 100 Milliarden Neuronen im menschlichen Gehirn verfügt im Durchschnitt über 7.000 Synapsen, über die es mit anderen Neuronen kommuniziert. Im Erwachsenenalter besitzt das menschliche Gehirn schätzungsweise bis zu 500 Billionen Synapsen. Diese Zahl nimmt mit zunehmendem Alter wieder ab. Es existieren sowohl chemische als auch elektrische Synapsen. Außerdem können Synapsen je nach Art anregend oder hemmend wirken und somit die Aktivität des anschließenden Neurons entweder verstärken oder verringern.
In einer chemischen Synapse löst das ankommende Aktionspotenzial die Ausschüttung von Kalziumionen aus. Die Kalziumionen sorgen dafür, dass mit Neurotransmitter gefüllte synaptische Vesikel mit der Zellmembran der Synapse verschmelzen und die darin enthaltenen Neurotransmitter in den synaptischen Spalt ausgeschüttet werden. Diese Neurotransmitter überbrücken durch Diffusion den synaptischen Spalt und binden reversibel an formkomplementäre Rezeptormoleküle am postsynaptischen Dendrit. Die eingehenden Signale werden im postsynaptischen Neuron verarbeitet Das Dendrit gibt das Signal über das Soma an den Axonhügel des Neurons weiter. Mehrere innerhalb kurzer Zeit ankommende Signale summieren sich hier. Reicht die Summe aller Signale aus, sodass die elektrische Spannung an der Membran des Axonhügels wiederum den kritischen Schwellwert übersteigt, führt dies gegebenenfalls zur Aussendung eines erneuten Aktionspotenzials über das Axon dieses Neurons.
Je näher eine Synapse am Zellkörper des Neurons gelegen ist, desto größer ist ihr Effekt auf die Aktivität des Neurons.

Lernen

Die Neuronen im menschlichen Gehirn bilden neuronale Netzwerke. Über elektrische und chemische Prozesse können die jeweiligen Verbindungen zwischen Neuronen gewichtet werden. Üblicherweise besitzen Neuronen mehrere Signaleingänge in Form von Synapsen in den Dendriten, aber nur einen Signalausgang, nämlich das Axon. Durch Verzweigungen kann das Axon Signale an einzelne oder mehrere Neuronen weitergeben. Entscheidend für das Lernen ist eine Veränderung der Gewichtung einzelner Verbindungen zwischen Neuronen sowie die Bildung neuer oder das Löschen bestehender Verbindungen.

Aktuelle Forschung

Vergleich des Gehirns mit Computern

Vergleicht man die Rechenleistung des menschlichen Gehirns mit der von Computern, tritt seine außergewöhnliche Komplexität und Effizienz zutage. Das Gehirn ist extrem vielseitig. Wir steuern damit unseren Körper, nehmen alle Sinneseindrücke war, erkennen Muster in unserer Umwelt, haben Erinnerungen, können komplexe Gedankengänge verfolgen, Emotionen fühlen, aber auch rechnen. Informationstheoretisch betrachtet ist unser Gehirn in der Lage, etwa. 1.013 analoge Rechenoperationen pro Sekunde durchzuführen, und es verbraucht dabei zwischen 15 und 20 Watt an Leistung. Ein gängiger leistungsstarker Computer dagegen schafft zwar pro Sekunde 3,6 · 1014 Gleitkommaoperationen, benötigt dazu jedoch 1,2 Megawatt. Selbst die effizientesten, heute verfügbaren Computer verbrauchen pro Rechenoperation immer noch mindestens das 50- bis 5.000-Fache des menschlichen Gehirns. Dabei erzielt das Gehirn seine hohe Rechenleistung jedoch nicht durch die Schnelligkeit der einzelnen Rechenoperationen, sondern durch die hohe Anzahl paralleler Verbindungen. Unter anderem deshalb gibt es neue Ansätze für Rechnerarchitekturen, die sich stärker am Aufbau eines Gehirns orientieren.

Elektroenzephalographie und Gehirnwellen

Die Elektroenzephalographie ist eine Methode, bei der mittels vieler auf der Kopfhaut verteilter Elektroden kleinste Spannungsschwankungen über die Kopfhaut gemessen werden. Sie geben Aufschluss über die Gehirnaktivitäten, die diese Spannungsschwankungen verursachen. Sowohl in der medizinischen Diagnostik als auch in der neurotechnologischen Forschung wird dieses Verfahren angewandt.
Typischerweise lassen sich Schwingungen bestimmter Frequenzen im Elektroenzephalographie-Signal feststellen, die Rückschlüsse auf den momentanen Zustand und die ausgeführten Aufgaben des Gehirns ziehen lassen.

1. Delta-Wellen im Bereich unter 4 Hertz deuten bei Erwachsenen auf eine traumlose Tiefschlafphase hin. Bei Babys treten sie auch im wachen Zustand häufig auf.

2. Theta-Wellen, die zwischen 4 und 8 Hertz liegen, sind bei Erwachsenen charakteristisch für leichten Schlaf. Außerdem sieht man sie häufig bei kleinen Kindern. Dieser Frequenzbereich wird auch häufig assoziiert mit Meditation und kreativer Tätigkeit.

3. Alpha-Wellen zwischen 8 und 13 Hertz treten verstärkt bei entspanntem Zustand und geschlossenen Augen auf.

4. Beta-Wellen liegen bei Frequenzen zwischen 13 und 30 Hertz und sind eng verknüpft mit motorischer Aktivität. Außerdem treten sie bei aktiver Konzentration und REM-Schlafphasen auf.

5. Bei starker Konzentration, beim Meditieren und bei Lernprozessen treten Gamma-Wellen im Frequenzbereich über 30 Hertz auf. Mönche mit langjähriger Meditationserfahrung weisen dabei bis zu 30-fach stärkere Amplituden der Schwingungen auf.

Künstliche neuronale Netzwerke

In den Computerwissenschaften, aber auch in den Computational Neurosciences und im Bereich des maschinellen Lernens, werden künstliche neuronale Netze verwendet, um große Datenmengen zu analysieren, Modelle des Gehirns zu erstellen und Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz zu erzielen. Die künstlichen neuronalen Netzwerke funktionieren dabei analog zu neuronalen Netzwerken im Gehirn. Die Knotenpunkte des Netzes entsprechen dabei den Neuronen im Gehirn und können als Signal lediglich „1“ oder „0“, also „an“ oder „aus“, senden. Die Verbindungen zwischen den Knoten, die sogenannten Kanten, entsprechen dabei den Synapsen zwischen den Neuronen.
Künstliche neuronale Netze bestehen aus mehreren Schichten von Knotenpunkten, typischerweise aus einer Eingabe-Schicht, einer oder mehrerer verborgender Schichten und einer Ausgabeschicht.
Durch Gewichtung, Löschen oder Neuerstellen von Kanten zwischen den Knoten des Netzes „lernt“ das künstliche neuronale Netzwerk.
Künstliche neuronale Netzwerke und die zugehörigen Algorithmen sind Gegenstand intensiver Forschung. Sie werden bereits erfolgreich in unzähligen Bereichen eingesetzt, wie etwa der Bildverarbeitung, Mustererkennung, bei Schach- und Go-Computern, beim autonomen Fahren und allgemein in allen Forschungsdisziplinen der künstlichen Intelligenz.

Internationale Projekte

Es gibt zahlreiche Initiativen, das menschliche Gehirn mithilfe von Computern nachzumodellieren und dadurch besser zu verstehen. Zu den wichtigsten zählen das Human Brain Project, eine europäische Initiative, sowie die BRAIN Initiative (Brain Research through Advancing Innovative Neurotechnologies) in den USA.