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Die Milz

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Milz

Die etwa faustgroße Milz liegt im Oberbauch oberhalb der linken Niere und wird den sekundären lymphatischen Organen zugerechnet. Im Gegensatz zu den übrigen sekundären lymphatischen Organen wie Lymphknoten und Rachenmandeln, wird die Milz nicht von Lymphflüssigkeit durchflossen, sondern ist direkt in den Blutkreislauf integriert.

Das Blut passiert die Milz zwangsweise und wird dort nicht nur gefiltert und von Schadstoffen und alternden Blutzellen durch Phagozytose befreit, sondern auch auf Vorhandensein von Krankheitserregern oder entarteten körpereigenen Zellen kontrolliert. Im Bedarfsfall reagiert die Milz durch Bereitstellung und Vermehrung von Lymphozyten des Typs B und T.

Während der Fetalperiode und nach der Geburt bis zum Alter von etwa 6 Jahren ist die Milz in einer weiteren Funktion auch an der Blutbildung außerhalb des Knochenmarks beteiligt. Unter bestimmten Umständen kann die Milz bei Ausfall des Knochenmarks diese Fähigkeit auch in fortgeschrittenem Alter wieder zurückerlangen.

Anatomie und Aufbau der Milz

Die Milz ist mit einer Masse von 150 bis 200 Gramm das schwerste der lymphatischen Organe. Sie ist von einer festen Kapsel umgeben, von der ein Bindegewebsgerüst in das organspezifische Gewebe der Milz zieht und teilweise mit glatten Muskelzellen besetzt ist, so dass Volumenänderungen über Kontraktionen möglich sind. Die Milz befindet sich innerhalb des Bauchfells und wird von vier Bändern mit bauchfellartiger Struktur gehalten, die die Lage des Organs relativ stark fixieren. Prinzipiell handelt es sich hinsichtlich des Aufbaus der Milz um zwei verschiedene Organe. Die sogenannte weiße Pulpa übernimmt die lymphatischen Aufgaben, während in der roten Pulpa das Blut gefiltert und von Fremdkörpern befreit wird.

Die bälkchenartige Trabekel-Struktur des Organgewebes der Milz mit eingestreuten glatten Muskelzellen und Myofibroblasten wird von parasympathischen und sympathischen Nervenfasern des Nervengeflechts Plexus coeliacus innerviert. Sie steuern für uns unbewusst über Neurotransmitter Kontraktion und Entspannung der inneren Struktur der Milz.

Die Arteria splenica, auch Arteria linealis genannt, versorgt die Milz mit arteriellem Blut, das zur Filterung ansteht. Die Arterie ist eine der drei Hauptäste der Arteria coeliacus und tritt am Gefäßpol der Milz, Hilus genannt, in das Organ ein. Ebenfalls durch den Hilus verläuft die Vena splenica, die das gereinigte Blut, das sich mittlerweile im venösen Teil des Blutkreislaufs befindet, ableitet und in die Vena portae (Pfortader) mündet. Die Ableitung der Lymphe erfolgt über die Milzlymphknoten.

Die Arteria splenica verzweigt sich nach Eintritt durch den Hilus in Trabekel- und Balkenarterien. Aus den verzweigten Arterien gehen die sogenannten Zentralarterien der Milzfollikel hervor. Nach Durchgang durch die Milzfollikel verzweigen sich die Zentralarterien weiter zu Kapillaren, die entweder offen in das retikuläre Bindegewebe münden oder direkt in Form eines geschlossenen Systems in den Milzsinus übergehen. Dort tritt das Blut vom arteriellen in den venösen Teil des Blutkreislaufs über.

Die weiße Pulpa hält Lymphozyten für die Immunabwehr bereit

Das engmaschige, organspezifische retikuläre Bindegewebe der Milz enthält Ansammlungen von Lymphfollikeln. Die kleinen Milzknötchen, auch als Malpighi-Körperchen bezeichnet, sind mit bloßem Auge als weißliche Stellen erkennbar. Es handelt sich um lymphatisches Gewebe, das als weiße Pulpa (Pulpa alba) bezeichnet wird und vor allem B-Lymphozyten enthält.

Die engen Zentralarterien oder Zentralarteriolen, die die Malpighi-Körperchen durchziehen, sind mantelartig von periarteriellen lymphatischen Scheiden (PALS) umgeben, in denen sich hauptsächlich T-Lymphozyten und Gedächtniszellen befinden. Die Blutkapillaren, die sich vor Eintritt in die Milzsinus befinden, werden als Hülsenkapillaren bezeichnet, weil sie von einer Schicht von Makrophagen umgeben sind. In den darauf folgenden Milzsinus vereinigt sich das Blut, das innerhalb des geschlossenen Kreislaufs die Milzfollikel durchströmt hat, mit dem Blut, das in der roten Pulpa aus dem Gefäßsystem ausgetreten ist.

Die rote Pulpa verfügt über fressgierige Phagozyten

Die rote Pulpa (Pulpa rubra) macht neben der weißen Pulpa mit etwa 80 Prozent den größten Teil des funktionalen Gewebes der Milz aus. Die rote Pulpa ist in ein spezielles retikuläres Bindegewebe eingebettet. Zusätzlich sorgen die vom Rand der Kapsel hineinragenden Gewebebälkchen (Trabekel) für die Aufrechterhaltung der engmaschigen, dreidimensionalen räumlichen Struktur. Innerhalb des Gewebes der roten Pulpa, die auch als Pulpastränge bezeichnet werden, verlaufen die arteriellen und venösen Gefäße einschließlich der Milzsinus, dünnwandige Verdickungen der Gefäßlumina, die den Übergang vom arteriellen zum venösen Teil des Blutkreislaufs markieren. Die rote Pulpa ist reich an Makrophagen, die identifizierte Pathogene und Fremdkörper phagozytieren können.

Nebenmilz – hat die Milz Nebenbuhler?

Schätzungen gehen davon aus, dass 5 bis 30 Prozent der Menschen über mindestens eine oder mehrere (kleine) Nebenmilzen (Splen accessorius) verfügen. Bevorzugte Orte für Nebenmilzen sind die Milzpforte, Schwanzende der Bauchspeicheldrüse, im Band zwischen Magen und Milz und im Bereich des großen Netzes. Das große Netz ist eine fett- und bindegewebsreiche Faszie, die zwischen Magen und dem querverlaufenden Teil des Dickdarms verläuft und reich mit Lymphozyten und Makrophagen angereichert ist. Sie übernimmt damit wichtige Aufgaben der Immunreaktion.

Die Nebenmilzen bestehen aus kleinen Knötchen, deren Gewebe anatomisch und funktional dem der Hauptmilz sehr ähnlich ist. In der Regel bleibt diese Anomalie ohne Folgen und bleibt unentdeckt. Lediglich im Fall einer bestimmten Erkrankung der Milz, die deren operative Entfernung erfordert, müssen auch die Nebenmilzen – falls vorhanden – gesucht und entfernt werden, da ansonsten die Krankheit wieder auftritt.

Die Milz räumt im Blutkreislauf auf und sorgt für Infektabwehr

Eine der Hauptaufgaben der roten Pulpa besteht in der Identifizierung und dem Abbau gealterter Erythrozyten, die sich aufgrund ihrer eingeschränkten Verformbarkeit in der engmaschigen Struktur der Pulpastränge außerhalb der Sinus verfangen und von Makrophagen eingefangen und abgebaut werden. Die „verbrauchten“ Makrophagen treten anschließend in das Lymphsystem ein und werden von der Lymphe abtransportiert.

Die Funktion der weißen Pulpa besteht darin, das Blut auf möglicherweise vorhandene pathogene Keime über das System der Antigene „zu untersuchen“ und gegebenenfalls mit der Aktivierung und Vermehrung der spezifisch wirksamen Lymphozyten zu reagieren. Die Funktion der weißen Pulpa ist ein wenig mit der der Lymphknoten vergleichbar. Allerdings wird das Blut in den Milzfollikeln direkt kontrolliert, während in den Lymphknoten die Lymphflüssigkeit und nicht das Blut Gegenstand der Säuberung ist.

Das Blut wird von Partikeln und gealterten Erythrozyten befreit

Die Frage, ob es sich in der Milz um einen geschlossenen oder offenen Blutkreislauf handelt, ist (noch) nicht hinreichend geklärt. Viele Indizien sprechen dafür, dass zumindest ein großer Teil des Blutes über Kapillaren direkt in die Hohlräume der Milzstränge eingeleitet wird, was einem offenen System entsprechen würde. Um wieder in das geschlossene Gefäßsystem zu gelangen, muss das Blut die Membrane eines der Sinus überwinden. Das schließt den Durchgang großer Partikel oder gealterter und nicht mehr verformbarer Erythrozyten aus.

Falls es sich um einen ausschließlich geschlossenen Blutkreislauf handelt, müsste das Blut einschließlich der auszufilternden Partikel zunächst durch die Membrane der Kapillaren oder Sinus diffundieren, um in das Lumen der Pulpastränge zu gelangen. Das scheint allerdings eher unwahrscheinlich zu sein, weil dann die großen auszufilternden Partikel nur einseitig die Membranen passieren könnten, denn eine Diffusion zurück in die Sinus ist für sie offensichtlich nicht möglich.

Einige Indizien sprechen dafür, dass ein Teil der arteriellen Kapillaren nach Durchgang durch die Lymphfollikel direkt in einen Sinus münden und damit den Tatbestand eines geschlossenen Systems erfüllen. Ein anderer Teil der Kapillaren endet offensichtlich in einem der Pulpastränge und begründet ein offenes System, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass beide Systeme nebeneinander existieren.

Beim Durchströmen der engmaschigen Strukturen der Pulpastränge werden nicht nur gealterte rote Blutkörperchen „ausgesiebt“, sondern auch sonstige Schad- und Fremdstoffe sowie größere Bruchstücke aus Abbauvorgängen des Stoffwechsels. Die herausgefilterten Stoffe werden sämtlich phagozytiert und die Phagozyten einschließlich ihrer Fracht über die Lymphe abtransportiert. Im Lumen der Pulpastränge befinden sich nicht nur Phagozyten, sondern auch Lymphozyten und Plasmazellen, die bei Identifikation pathogener Keime als Teil des Immunsystems Antikörper produzieren können.

Das gereinigte Blut diffundiert durch die Membran eines Sinus und tritt damit wieder in das geschlossene Gefäßsystem ein. Es wird über Venengefäße gesammelt und in die Pfortader eingeleitet.

Das System der Antigene hilft der Immunabwehr

Bestimmte Immunzellen wie B- und T- Lymphozyten nutzen das System der Antigene und Antikörper. Alle Zellen – auch die in Körperflüssigkeiten zirkulierenden Zellen – weisen an ihrer Oberfläche Antigene aus. Das ist eine Art Ausweis, der die Immunzellen erkennen lässt, ob es sich um körpereigene oder körperfremde Zellen handelt. Körperfremde Zellen werden entweder von T-Zellen direkt angegriffen oder B-Zellen produzieren spezifische Antikörper (Immunglobuline), die an die Antigene der Fremdzellen oder Viren andocken und diese unschädlich machen.

Während die rote Pulpa das Blut von Fremdkörpern und gealterten Erythrozyten säubert, übernimmt die weiße Pulpa in Form der Lymphfollikel die schwerpunktmäßig immunologische Überprüfung und Säuberung des Blutes. Das in die Milz einströmende Blut wird in immer feiner werdende Äste der Milzarterie geleitet und durchströmt letztlich die sehr dünne Zentralarterie eines Milzfollikels, in der sich weitere kapillare Verästelungen befinden. In der Zentralarterie und den Verästelungen kommt das Blut in Kontakt mit den zahlreichen Immunzellen, die sich in der periarteriolären lymphatischen Scheide (PALS) befinden. Die PALS ummantelt die Zentralarterie und reicht in die Follikel hinein.

Die reichlich vorhandenen B-Zellen kontrollieren die präsentierten Antigene der im Blut strömenden Zellen. Als körperfremd können pathogene Bakterien, Pilze, Viren oder auch entartete körpereigene Zellen erkannt werden. Bei Identifizierung körperfremder Antigene, lösen sie eine entsprechende Immunantwort aus. Beispielsweise werden T-Zellen aktiviert, die entsprechend ausreifen und die Fremdkörper direkt angreifen und Plasmazellen produzieren spezifische Antikörper, die sich im ganzen Körper verteilen.

Die Gesundheitspolizei Milz kann auch selbst erkranken

Es mag ein wenig befremdlich klingen, dass die Gesundheitspolizei des Blutes, die Milz, auch selbst erkranken kann. Es lassen sich primäre und sekundäre Milzerkrankungen sowie mechanische Verletzungen (Rupturen) voneinander unterscheiden. Primäre Milzerkrankungen, bei denen die Milz selbst Ausgangspunkt einer Infektion oder sonstigen Erkrankung ist, treten äußerst selten auf. Eine größere Bedeutung haben sekundäre Erkrankungen, die von anderen Organen ausgehen und Milzrisse (Milzrupturen) aufgrund traumatischer Einwirkungen. In seltenen Fällen können Milzrupturen auch durch Krankheiten und andere Ereignisse ausgelöst werden. Die meisten Erkrankungen, an denen die Milz beteiligt ist, führen zu einer reversiblen Vergrößerung der Milz.

Milzrisse sind nicht immer mit traumatischen Ereignissen verbunden

Mechanisch verursachte Milzrisse oder –rupturen können durch Rippenbrüche der linken Seite, durch Unfälle mit stumpfer Einwirkung auf den Bauchraum oder durch Hieb- oder Schussverletzungen entstehen. Das Spektrum der Verletzungen reicht dabei von leicht bis schwerwiegend und lebensbedrohlich, wenn beispielsweise eine größere innere Einblutung erfolgt. Klinisch werden fünf verschiedene Schweregrade und Typen einer Milzruptur unterschieden.

Rupturen, die durch nicht-traumatische Ereignisse entstehen, sind seltener. In Ausnahmefällen können Rupturen durch gravierende Blutstaueffekte hervorgerufen werden. Beispielsweise kann ein Blutstau durch die sehr seltene Pfortaderthrombose, durch Plasmodien (Malariaerreger) oder durch eine Infektion mit dem Ebstein-Barr-Virus (EBV) hervorgerufen werden. In ebenfalls sehr seltenen Fällen kann eine Milzruptur auch durch Milztumoren oder hämatologische Erkrankungen wie Leukämie verursacht werden.

Primäre Milzerkrankungen sind selten

Milzentzündungen (Splenitis) gehören zu den häufigsten primären Milzerkrankungen, wenn sie auch insgesamt relativ selten vorkommen. Eine Splenitis kann viele verschiedene Ursachen haben. Haupterreger sind Tuberkelbazillen, Candida-Pilze oder die Erreger der Syphilis. Hinsichtlich Verlaufs der Splenitis, kann zwischen einer akuten, chronischen oder malignen Splenitis differenziert werden. Milzentzündungen sind symptomatisch meist mit einer Milzvergrößerung verbunden

In sehr seltenen Fällen kann ein anämischer Milzinfarkt eintreten, der durch einen vollständigen Verschluss der Milzarterie aufgrund eines genetischen Defekts verursacht wird. Wegen der Unterversorgung des Milzgewebes kommt es zu einem nekrotischen Abbau der Milz. Anstelle der arteriellen Blockade kann auch ein venöser Verschluss eintreten, der zu einem entsprechenden Rückstau und zur inneren Einblutung (hämorrhagischer Milzinfarkt) führt.

Sekundäre Milzerkrankungen sind häufiger

Milzerkrankungen, die nicht primär von Milzgewebe ausgehen, sondern das Milzgewebe lediglich mit betroffen ist, sind sehr viel häufiger und weitaus vielfältiger. Als Verursacher kommen eine Reihe von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Toxoplasmose, Malaria und viele andere in Frage. Darüber hinaus kann die Milz an einigen malignen Bluterkrankungen wie lymphatische Leukämie, Morbus Hodgkin und Non-Hodgkin-Lymphomen beteiligt sein.

In selteneren Fällen kann die Milz auch von Autoimmunerkrankungen betroffen sein. An erster Stelle sind dabei der systemische Lupus erythematodes und die Sarkoidose zu nennen. Darüber hinaus kann die Milz von Speicherkrankheiten wie Morbus Gaucher oder Milzsiderose betroffen sein. Die Milzsiderose wird durch einen Überschuss an Eisen hervorgerufen, der wahrscheinlich aus einem übermäßigen Abbau von Erythrozyten herrührt. Das überschüssige Eisen, das nicht abtransportiert werden kann, wird als Hämosiderin oder Ferritin in Makrophagen und in den Sinuswänden abgelagert.